Ein Blick auf die Besonderheiten der Bauweise in Friesland
Die Architektur in Friesland ist mehr als nur eine Bauweise – sie ist Ausdruck einer jahrhundertealten Kultur, geprägt von der Nähe zur Nordsee, der Landwirtschaft und den Lebensbedingungen der Region. Friesische Baustile wie das Gulfhaus, das Uthlandfriesische Haus oder das klassische Friesenhaus mit Reetdach erzählen Geschichten von Tradition, Funktionalität und regionaler Identität. In Friesland ist Architektur stets eng mit der Landschaft und der Lebensweise ihrer Bewohner verbunden.
Ursprung und Entwicklung friesischer Bauweisen
Die friesische Architektur entwickelte sich über viele Jahrhunderte hinweg aus der Notwendigkeit heraus, den besonderen klimatischen Bedingungen im norddeutschen Küstenraum standzuhalten. Starke Winde, hohe Luftfeuchtigkeit und der Schutz vor Sturmfluten beeinflussten die Bauweise maßgeblich. Ursprünglich waren friesische Häuser einfache, flach gedeckte Hallenhäuser aus Holz und Lehm. Im Laufe der Zeit wurden diese weiterentwickelt, insbesondere durch den Einsatz von Backstein, der mehr Stabilität und Wetterfestigkeit bot.
Das Friesenhaus: Typisch norddeutsch

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Das klassische Friesenhaus, wie es vielerorts in Ostfriesland zu sehen ist, ist leicht an seinem tief heruntergezogenen Reetdach, der roten Backsteinfassade und der symmetrischen Gliederung zu erkennen. Diese Bauweise ist nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch funktional: Das Reetdach schützt hervorragend gegen Regen und Sturm, während die massive Bauweise aus Backstein ein gutes Raumklima gewährleistet. Traditionell sind Friesenhäuser nach Osten oder Westen ausgerichtet, um den starken Westwinden weniger Angriffsfläche zu bieten.
Das Gulfhaus – ein multifunktionales Meisterwerk
Ein besonders eindrucksvoller Bautyp ist das sogenannte Gulfhaus, das vor allem in Ostfriesland, aber auch in Friesland verbreitet ist. Es entstand im 16. Jahrhundert und diente gleichzeitig als Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Charakteristisch ist der große, mittig gelegene Raum – der „Gulf“ –, der zur Lagerung von Heu und Getreide genutzt wurde. Um diesen Kern gruppieren sich Wohnräume, Ställe und Arbeitsbereiche. Die Konstruktion basiert meist auf einer Ständerbauweise mit einem tragenden Holzgerüst, das große Spannweiten ermöglicht – ideal für landwirtschaftliche Zwecke.
Reetdächer: Traditioneller Schutz mit moderner Bedeutung
Reetdächer sind eines der markantesten Merkmale friesischer Architektur. Sie bestehen aus getrocknetem Schilfrohr, das in mehreren Lagen aufgebracht wird. Diese Dächer sind nicht nur optisch prägend für das Bild der Küstenregion, sondern bieten auch eine hervorragende Dämmung. Bei fachgerechter Verarbeitung kann ein Reetdach 30 bis 50 Jahre halten. Aufgrund ihrer Nachhaltigkeit und ästhetischen Wirkung erleben Reetdächer heute auch in Neubauten eine Renaissance – oft in Kombination mit modernen Wohnstandards.
Innenarchitektur im Zeichen der Funktionalität
Die Innenräume traditioneller friesischer Häuser sind funktional und zugleich gemütlich gestaltet. Typisch sind niedrige Decken, holzvertäfelte Wände und geflieste Böden. Besonders erwähnenswert ist der sogenannte „Pesel“, ein festlich eingerichteter Raum, der als Empfangszimmer für Gäste diente. Schlafplätze wurden häufig in Alkoven – also in Wände integrierte Schlafnischen – untergebracht. Diese Form der Raumaufteilung diente dem Schutz vor Kälte und war Ausdruck einer pragmatischen Lebensweise.
Historische Gebäude und ihr Erhalt
Viele der historischen friesischen Häuser stehen heute unter Denkmalschutz. Der Erhalt dieser Gebäude ist nicht nur eine Frage der Ästhetik, sondern auch des kulturellen Erbes. Denkmalpflege, Sanierungsprogramme und lokale Initiativen tragen dazu bei, diese einzigartige Architektur zu bewahren. Auch im Landkreis Friesland finden sich zahlreiche restaurierte Gulfhäuser und Friesenhäuser, die eindrucksvoll zeigen, wie sich traditionelle Baukunst mit zeitgemäßer Nutzung verbinden lässt.

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Moderne Interpretation friesischer Bauformen
Auch im Neubau wird die friesische Architektur heute oft zitiert. Elemente wie Reetdächer, sichtbare Holzstrukturen und typische Fensterläden finden sich in modernen Eigenheimen wieder – oft kombiniert mit energetischen Standards wie Wärmedämmung und Solartechnik. Die moderne Interpretation friesischer Baukunst sorgt dafür, dass der regionale Charakter erhalten bleibt, ohne auf Wohnkomfort zu verzichten. Gerade im ländlichen Raum rund um Jever, Schortens und Wilhelmshaven entstehen immer wieder neue Projekte mit regionaltypischer Anmutung.
Friesische Baukultur als Teil der regionalen Identität
Die friesische Architektur ist ein bedeutender Bestandteil der kulturellen Identität in Friesland. Sie erzählt Geschichten vom Leben an der Küste, vom wirtschaftlichen Wandel und von der Anpassung an Naturgewalten. Durch ihre Präsenz im Stadt- und Landschaftsbild vermittelt sie ein Gefühl von Heimat und Beständigkeit. Wer heute in einem Friesenhaus wohnt oder ein Gulfhaus saniert, wird Teil einer langen Bau- und Wohntradition, die auch in Zukunft gepflegt und weiterentwickelt wird. Als regional verwurzelter Immobilienpartner begleitet Volksbank Jever Immobilien Kaufinteressenten, Eigentümer sowie Eigentümerinnen mit fundierter Marktkenntnis und persönlicher Beratung bei allen Fragen rund um friesische Immobilien. Ob klassisches Friesenhaus, Gulfhaus oder modernes Eigenheim mit regionaltypischer Architektur – das erfahrene Beratungsteam kennt die Besonderheiten der Bauweisen und unterstützt bei Bewertung, Kauf, Verkauf oder Umbau. Jetzt Kontakt aufnehmen.